Bettina von Arnims Werk ist dem Neuen Realismus zuzuordnen und umfasst die Medien Malerei, Zeichnungen und Grafiken. Ihre Radierungen sind nun in der Frankfurter Galerie von Philipp Pflug zu sehen.
Die Zeit war reif, dass ihre eigensinnigen Werke wieder in die Öffentlichkeit zurückkehrten. Die Rede ist von der Malerin und Graphikerin Bettina von Arnim. Es war die „German Pop“- Schau in der Schirn Kunsthalle Frankfurt, die sie wiederauftauchen ließ, neben ihrer gleichaltrigen Kollegin Christa Dichgans. Es gab sie also, die Frauen in der deutschen Spielart des Pop. Bettina von Arnim passt dieses Etikett nicht ganz, eher sieht sie sich als eine „Neue Realistin“. Das Städel Museum hat ihr Potential jedenfalls erkannt, dort hängt ein Gemälde von 1970, „Hosenträger“ betitelt. Solche Kerle kehren bei ihr wieder: mit Spatzenhirnen, fetten Pranken und seltsamen technoiden Anschlüssen an den unförmigen Leibern, die in einer Art Raumanzüge verpackt sind. Bettina von Arnim sagt im Rückblick: „Unbewusst malte ich das, wovor mir graute, das Unmenschliche. Es war ein Bezeichnen des Unbekannten, eine Art Bannen der Angst, ähnlich den Dämonen an mittelalterlichen Kirchen, die, wenn sie sich sozusagen im Spiegel sähen, vor sich selbst erschreckten und zurückwichen“.
Heute wirken ihre Maschinenmänner, trotz oder gerade wegen ihres Retro-Looks, so visionär wie zu ihrer Entstehungszeit. Und die Künstlerin hat sie durchaus, daran lässt sie im Gespräch keinen Zweifel, in feministischer Absicht geschaffen, als Kritik am Machtgehabe der Männer, samt sexuellen Anspielungen. Die Bilder waren als politischer Kommentar gedacht, und das sind sie geblieben. Die Dichterin Bettina von Arnim, geborene Brentano, ist die Urgroßmutter der Malerin Bettina Encke von Arnim (1895 bis 1971); sie ist die Tante von Bettina von Arnim, die 1940 in Zernikow in Brandenburg geboren ist. Es liegt nicht fern, dass ihre dystopischen Bilder vom Ende der sechziger und Anfang der siebziger Jahre von einer invertierten Romantik geprägt sind. Gerade war der Begriff Cyborg in die Welt gekommen, da malte Bettina von Arnim die bedrohliche Doppelgesichtigkeit der Menschmaschinen in ihren polierten Hüllen, unter denen das gefährliche Innenleben unsichtbar ist.

BETTINA VON ARNIM
1940 in Zernikow, Mark Brandenburg geboren,
lebt und arbeitet in Südwest-Frankreich.
1957-1958 AFS Stipendium,
Cambridge, Massachusetts, USA.
1960-1965 Hochschule für bildende Künste, West-Berlin.
1962-1963 École des Beaux-Arts de Paris.
1962-1963 Druckgrafik bei Johnny Friedlaender, Paris.
1972-1977 Gründungsmitglied der Gruppe Kritischer Realismus –
Aspekt.
seit 1973 Mitglied des Deutschen Künstlerbundes.
Einzelausstellungen (Auswahl)
2021 Zeichnungen, Radierungen und Gouachen, Philipp Pflug
Contemporary, Frankfurt am Main.
2020 Die Cyborgs und ihre Spuren – 1960 bis 2020, Kunsthalle –
Kunstverein Lingen.
2017 Mutant und Musterland, Philipp Pflug Contemporary, Frankfurt am
Main.
2016 Traces d’Icare, Association culturelle de l’abbaye de
Beaulieu en Rouergue.
2015 Die Cyborgs und ihre Spuren, Galerie Poll, Berlin.
1999 Université de Toulouse le Mirail.
1985 Neuer Berliner Kunstverein.
1982 Galerie Poll, Berlin.
1981 Kunstverein Augsburg.
1978 Galerie Bernauer-Berg, Frankfurt am Main.
1977 Centre Culturel de la Ville de Toulouse.
1973 Galerie Poll, Berlin.
1964 Galerie D. Loehr, Frankfurt am Main.
Gruppenausstellungen (Auswahl)
2022 Les Portes du Possible, Centre Pompidou-Metz.
2021 Scratching the Surface, Hamburger Bahnhof, Museum für Gegenwart,
Berlin.
2020 Wolken in der zeitgenössischen Kunst, Oldenburger
Kunstverein.
2019 Der montierte Mensch, Museum Folkwang, Essen.
2019 Phantom Plane, Cyberpunk in the Year of Future, Tai Kwun
Contemporary, Hong Kong.
2018 Flashes of the Future, Ludwig Forum, Aachen.
2014 German Pop, Schirn Kunsthalle, Frankfurt am Main.
2012 Aufbruch Realismus. Die Wirklichkeit im Bild nach ’68, Städtische
Museen Heilbronn.
1990 Vertrauen ins Bild, Museum Bochum und Stadtgalerie Kiel.
1987 Mythos Berlin Concepte, Goethe-Institut, Paris.
1984 Orwell und die Gegenwart, Museum des 20. Jahrhunderts, 21er Haus,
Wien.
1983 Stadt und Utopie, Neuer Berliner Kunstverein in der Staatlichen
Kunsthalle, Berlin.
1979 Stadt II. Entfremdung, Neuer Berliner Kunstverein in der Neuen
Nationalgalerie, Berlin.
1977-1979 Aspekt Großstadt, Wanderausstellung, Berlin, Frankfurt,
München, Edinburgh, London.
1975 Der ausgesparte Mensch, Kunsthalle Mannheim.
1974 Naivität der Maschine, Kunstverein Frankfurt am Main.
1973 Das Bild des Menschen in der zeitgenössischen Grafik, Kunstmuseum
Bonn.
1972-1974 Prinzip Realismus, Wanderausstellung, Berlin, München, Rom,
Athen, Göteborg.
1970 Zeitgenossen, Städtische Kunsthalle Recklinghausen.
Werke in öffentlichen Sammlungen
Berlinische Galerie – Landesmuseum für Moderne Kunst,
Fotografie und Architektur, Berlin.
Neue Nationalgalerie, Berlin.
Kunstmuseum Bonn.
Sammlung zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland,
Bonn.
Musée Champollion des Ecritures du Monde, Figea.
Städel Museum, Frankfurt am Main.
Museum der Stadt Göteborg.
Landesmuseum Kiel.
Le musée de l’automate et de la robotique,
Souolliac.