Silke Wagner nähert sich in neuen Werkgruppen auf vielschichtige Weise dem Zusammenleben von Natur und Mensch und überträgt dieses Thema des Zusammenlebens durch individuelle ästhetische Formfindung in den Bereich der Kunst. Der Titel SOMEDAY IS NOW suggeriert in seiner poetischen Zweideutigkeit die Erfüllung sehnsüchtiger Erwartungen. Im Kontext der Ausstellung wird jedoch die mahnende Erkenntnis deutlich, dass manche Vorhersagen schneller eintreffen als erhofft. Aktuelle Werke sind in der Ausstellung bei Wilma Tolksdorf zu sehen.
In einer neuen Serie von forschungsbasierten Arbeiten
stellt die Künstlerin Silke Wagner verschiedene Pflanzen- und
Blumenarten dar, deren aktueller Status von
“schutzbedürftig” über “vom Aussterben
bedroht” bis hin zu “ausgestorben” reicht.
Die Umrisse der Pflanzen erscheinen als dunkler Siebdruck auf
Zeitungspapier; die filigranen Zweige, Blätter und Blütenformen der
verschiedenen Arten sind im Druck nicht zu erkennen. Die Umrisse der
Pflanzen symbolisieren nicht nur die Leere, die sie durch ihr
Verschwinden im Ökosystem hinterlassen. Die von der Künstlerin
ausgewählten Zeitungsartikel, die sich u.a. mit den zerstörerischen
Einflüssen des Menschen auf die Umwelt beschäftigen, werden so in
mehrfacher Hinsicht als Hintergrund erkennbar.
In ihrer Neonarbeit “Nancy Graves” von 2010 greift
Wagner eine Bronzeskulptur der amerikanischen Künstlerin Nancy Graves
auf, die sich mit verschiedenen Phänomenen aus der Natur und der
Anthropologie beschäftigte und transformiert sie. Wagner übersetzte die
ursprüngliche Skulptur in die Oberfläche einer Zeichnung, deren Umrisse
der Künstlerin als Vorlage für ihre Installation dienen. Die Künstlerin
verwandelt das poetische Ausgangsmotiv in eine Neonarbeit, die die
leuchtende Formensprache der kommerziellen Ästhetik aufgreift.
Künstlerische Natur- und Tierstudien bilden den Ausgangspunkt einer
Werkgruppe von Silke Wagner, die das Schicksal zahlreicher Vogelarten
festhält. Das historische Ausgangsmaterial – Lithografien,
Holzschnitte sowie Kupferstiche, die zwischen dem 18. und 20.
Jahrhundert entstanden sind – wurde mit Hilfe des Siebdrucks
künstlerisch bearbeitet. So erscheinen die verschiedenen Vogelarten in
den Abbildungen nur noch als phantomhafte, unscharfe Umrisse innerhalb
ihrer ursprünglichen Lebensräume.

Der
“Gelbe Frauenschuh”, eine wilde Orchideenart in
Europa, gilt heute als gefährdet und steht unter Artenschutz. Silke
Wagner macht diese Art zum Thema einer Werkgruppe, für die die
Künstlerin digital bearbeitetes Fotomaterial aus den 1960er Jahren
verwendet und mit einem Siebdruck überlagert. Die Art des Drucks sowie
die farbintensive Hervorhebung der Pflanzen vor jeweils reduzierten
Hintergründen lassen Motive entstehen, die malerisch anmuten und im Fall
der Arbeit Gelber Frauenschuh (Cypripedium calceolus) I, 2022, eine
collageartige Komposition ergeben.
Die künstlerische Praxis von SILKE
WAGNER basiert auf der Annäherung
an ein Thema in einer vielseitigen Formensprache und unterschiedlichen
Medien. Erhobene Daten zum Erhaltungszustand verschiedener Vogel- und
Pflanzenarten finden ihren Ausdruck im farbigen Zusammenspiel der
Mobiles “Abbildung XI” und “Abbildung
XII”, beide aus dem Jahr
2022, wobei die Schwere des dargestellten Sachverhalts – der
Anteil gefährdeter Pflanzen- und Vogelarten – durch die
Leichtigkeit der Darstellung und Installation kontrastiert wird. Nur in
der Arbeit “Abbildung XIII”, 2022, eröffnet sich ein
Hoffnungsschimmer, indem sie das Wiederaufleben des fast ausgestorbenen
Mauritiusfalken zeigt.
