Für das Treppenhaus des Frankfurter Karmeliterklosters hat der Künstler Thomas Werner ein großformatiges Wandbild geschaffen. Vom 5. Oktober 2021 bis 3. Juli 2022 wird es dort zu sehen sein.
Großformatige
und mehrteilige Bilder mit einer warmen, lebendigen und oft leuchtenden
Farbpalette sind die offensichtlichen Merkmale der Malerei von Thomas
Werner. Die grundlegenden Fragen nach dem Verhältnis zwischen
Abstraktion und Figuration, zwischen digitalen und analogen Bildern
sowie zwischen vermittelten und erlebten Erfahrungen reflektiert und
bearbeitet er auf der Leinwand.
In seinen figurativen Werken werden Motive aus dem Alltag, aus dem
Internet und aus Printmedien mit abstrakten Elementen montiert und
ineinander geblendet, um ein neues Bild und eine neue Bedeutung zu
erzeugen. In seinem Werk gibt es grundsätzlich beides, die figürliche
und die ungegenständlich abstrakte Herangehensweise, beides kommt auch
in seinem „WandBild“ zum Tragen. Obwohl die Motive, die Farben, die
Komposition eine zentrale Rolle in Werners Gemälden spielen, ist sein
konzeptueller Ansatz ebenso wichtig.
Da Werner sich für Bilder aus allen Kontexten interessiert, waren
gerade auch die Wandmalereien, die Jörg Ratgeb vor 500 Jahren für das
Karmeliterkloster schuf, seine erste Inspirationsquelle für das
„WandBild“. Für die Ausstellung im Institut für Stadtgeschichte schuf
er ein neunteiliges, großformatiges Gemälde, das zwei Elemente aus
Ratgebs Wandmalerei mit zwei Motiven aus Werners Bilderwelt kombiniert.
Werner nennt das Werk „WandBild (für Jerg)“. Der Titel ist konzeptuell
zu verstehen, er ist Teil des Werkes und fungiert als zusätzliche
Ebene.

Die
Wand wird nicht nur zum Hintergrund und Kontext, in dem sich ein
zeitgenössisches Szenario abspielt, sondern auch zu einem Symbol für
das Erreichen eines bestimmten Standorts, über den hinaus wir nicht
sehen können.
Ein Gefühl der Abwesenheit wird hervorgerufen, nicht nur durch die Art
und Weise wie das Bild gemalt ist, sondern auch durch das, was die
Figuren an sich verkörpern: Folgen wir also der Bewegung des Bildes im
Treppenhaus, dann sehen wir in den zwei rechten unteren Bildfeldern eine
statuarische (männliche?) Figur in einem Kapuzenmantel — kein Körper,
kein Gesicht.
In den zwei linken oberen Bildfeldern eine ruhig und doch selbstbewusst
schreitende weibliche Figur, uninteressiert, losgelöst von der Umgebung
und auf dem Weg aus dem Bild. Scheinbar gibt es keine sichtbaren
Anzeichen von Natur oder Vegetation und die Szenerie wirkt wie
ausgetrocknet und verlassen. Ein Hinweis auf Natur könnte allerdings
die Anwesenheit eines Vogels in der Mitte des Bildes sein.
In „WandBild (für Jerg)“ werden wir herausgefordert, über den Rahmen
hinaus zu sehen, denn das, was nicht abgebildet ist, scheint genauso
relevant zu sein wie das, was sichtbar ist.