Als Sohn eines Überlebenden des Warschauer Ghettos und weil er sich von der Frankfurter Rechtsprechung nicht brechen ließ, vermutlich Frankfurts bekanntester Störenfried, beschäftigt Ardi Goldman schon lange die Frage: „Wie kommt der Antisemitismus in die Welt?“
In
der biblischen Überlieferung ist Judas ein Verräter. Für 30 Silberlinge
hat er Jesus dem sicheren Tod am Kreuz ausgeliefert.
Der Altphilologe und Literaturhistoriker Walter Jens hat einen anderen
Blick auf den vermeintlichen Verräter. War es Gehorsam oder Verrat?
Einerseits erklärt Judas in seinem wortgewaltigen Plädoyer, dass er mit
Jesus im Einvernehmen gehandelt habe. Ihm sei es zu verdanken, dass
Jesus sein Heilswerk am Kreuz überhaupt erfüllen konnte, die ganze
christliche Hoffnung basiert auf seinem Verrat: die Erlösung der
Menschheit durch das Opfer des Sohnes.
Andererseits überkommen ihn Zweifel und er stellt sich die Frage, wie
die Geschichte ohne seinen Verrat verlaufen wäre. Hätte es vielleicht
keine Kreuzigung, keine christliche Kirche gegeben, vielleicht auch
keine Judenverfolgung – und wäre Jesus vielleicht friedlich als alter
Mann gestorben?