Der Verein der Freundinnen und Freunde der Initiative 9. November nimmt sich des wunderbaren, in Deutschland zu Unrecht vergessenen Werkes von Erich Itor Kahn an und ruft ihn und seine Frau, die Pianistin Frida Kahn in Erinnerung.
Erich Itor Kahn war ein deutscher
Musiker und Komponist, der als Jude und Komponist sogenannter
„entarteter Musik“ von den Nationalsozialisten ins Exil getrieben wurde.
Sein Werk steht in engem Zusammenhang mit der Schönberg-Schule und der
Zwölftonmusik. Seine Frau Frida war eine herausragende Pianistin.
Beide sind in der Ausstellung „Musik als Form geistigen Widerstandes –
Jüdische Musikerinnen und Musiker 1933-1945. Das Beispiel Frankfurt am
Main“ vorgestellt.
Erich Itor Kahn wohnte in Frankfurt, als er 1927 sein Divertimento für
Cembalo, Flöte und Geige schrieb. Doch obwohl er von 1928 bis 1933 beim
Radio Frankfurt (dem Vorgänger des Hessischen Rundfunks) arbeitete,
wurde dieses Werk niemals in Deutschland aufgeführt. Speziell für die
diese deutsche Uraufführung wurde eine neue Edition der Noten in New
York bestellt und angefertigt.

Johann
Sebastian BACH (1685-1750)
aus dem ersten Teil des Wohltemperierten Klavier (Cembalo Solo)
Präludium und Fuga (a 3voci) E-Dur, BWV 854 Präludium und Fuga ( a 2 voci)
e-moll, BWV 855 Präludium und
Fuga ( a 3 voci) B-Dur, BWV 866
Präludium und Fuga ( a 5 voci) b-moll, BWV 867
Joseph HAYDN (1732-1809) Sonata
Nr. 49 in cis-moll, Hob XVI:36
-Moderato
-Scherzando (Allegro con brio) -Menuett (Moderato) und Trio
Erich Itor KAHN (1905-1956)
« Divertimento » per il Flauto e Violino con accompagnamento del Cembalo
(1927)
I Preludio (Andante Moderato) II Recitativo (Allegro)
III Sonata Allegro (Fuga a tre) IV
Aria (Largo)
V Invenzione (Canon a due, Vivace ma non troppo Cembalo Tacet) VI Corale
(l’istesso Tempo) e Marcia (Tempo Moderato)
VII (unvollendeter Teil)
Der Hessische Rundfunk wird als unser Kooperationspartner das Konzert
aufnehmen und zum späteren Zeitpunkt senden.
Es spielen:
Ilton Wjuniski, Cembalo, Julia Greve, Violine, Paul Dahme Flöte
Konzept, Moderation und Leitung: Ilton Wjuniski
PROGRAMM
Ilton
Wjuniski wurde 1960 im brasilianischen São Paulo
geboren. Dort nahm er schon früh Cembalo-Unterricht und wurde 1978 von
Hughette Dreyfus eingeladen bei ihr in Paris zu studieren. 1983 schloss
er sein Studium am Conservatoire National Supérieur in Paris mit vier
ersten Preisen ab. Seine prägenden Lehrer waren außerdem Kenneth
Gilbert und Gustav Leonhardt. Ilton Wjuniski war Preisträger bei
internationalen Wettbewerben in Edinburgh, Paris und New York, wo er
1985 den renommierten Pro Musicis Sponsorship Award erhielt. Als Solist
für Cembalo und Clavichord bereiste er die USA, Kanada, Südamerika, Japan und
Russland. In ganz Europa ist er ein gern gesehener Gast in Programmen
alter aber auch neuer Musik. Unter seinen Einspielungen, wurde die CD
mit Werken iberischer Musik auf dem
Clavichord von der Kritik besonders hervorgehoben. Neben seiner
künstlerischen Tätigkeit hat Ilton Wjuniski eine Dozentur für
historische Tasteninstrumente im Konservatorium der Stadt Paris inne. Er
gab darüber hinaus Seminare und Kurse an Institutionen wie der Schola
Cantorum Brasiliensis, dem Tschaikowski-Konservatorium in Moskau und der
Hochschule in Salamanca. Seine letzte CD ist ein Trippel-Album mit 12
Sonaten von Friedrich Wilhelm Rust (1739-1796) auf dem Sauer-Clavichord
im Musikinstrumentenmuseum der Händelstiftung in Halle.
Julia Greve lebt und arbeitet seit
1988 in Frankfurt am Main, wo sie bis 2014 als 2.Geigerin im
Buchberger-Quartett spielte.
Zuvor war sie nach Studien in Stuttgart und Utrecht Mitglied des
Stuttgarter Streichquartetts und des Zürcher Kammerorchesters.
Seit 2014 arbeitet sie schwerpunktmäßig bei verschiedenen Ensembles wie
der Internationalen Bach-Akademie Stuttgart, dem Musik-Podium Stuttgart
und ist regelmäßig Gast beim Gürzenich-Orchester Köln sowie dem
Stuttgarter Kammerorchester. Auch ist sie beteiligt bei der
Gesamtaufführung sämtlicher Kantaten von Johann Sebastian Bach in
Wiesbaden und Frankfurt seit 2004.
Paul Dahme studierte in Hamburg zunächst Schulmusik und Flöte. Nach Vervollständigung seiner Studien bei Peter L.Graf und André Jaunet kam er über die Oper Graz 1977 ans Opern- und Museumsorchester Frankfurt, in dem er bis zum Jahr 2015 als Soloflötist tätig war und hat jahrzehntelange Erfahrung mit dem gesamten Repertoire aus Oper und Sinfonik vom 18. bis 21. Jahrhundert. Er hat sich auch intensiv mit Traversflöte und historischer Aufführungspraxis beschäftigt. Als Gast spielte Dahme im Bayrischen Rundfunk, HR Sinfonieorchester, bei den Berliner Philharmonikern und in Bayreuth. Er unterrichtete an der HDMK in Frankfurt und am Frankfurter Dr. Hoch ́s Konservatorium. Paul Dahme tritt in unterschiedlichen Kammermusikbesetzungen auf. Er spielte in verschiedenen barocken Formationen, u.a. im Mainzer Barchorchester und im Freiburger Barockorchester.
Dieses Konzert ist Frida (1905-2002) und Erich Itor Kahn (1905-1956) gewidmet, schreibt Musiker Ilton Wjuniski:
„Als ich vor einem Jahr die Ausstellung über die verfolgten
Frankfurter Musikerinnen und Musiker im Bunker besichtigte, kam uns die
Idee dieses Konzertes, in dessen Mittelpunkt Erich Itor Kahn
steht.
Kahn war ein deutscher Musiker und Komponist, der als Jude und Komponist
sogenannter „entarteter Musik“ von den Nationalsozialisten ins Exil
getrieben wurde. Sein Werk steht in engem Zusammenhang mit der
Schönberg-Schule und der Zwölftonmusik. Seine Frau Frida war eine
herausragende Pianistin.
Erich Itor Kahn wohnte in Frankfurt, als er 1927 sein Divertimento für
Cembalo, Flöte und Geige schrieb. Doch obwohl er von 1928 bis 1933 beim
Radio Frankfurt (dem Vorgänger des Hessischen Rundfunks) arbeitete,
wurde dieses Werk niemals in Deutschland aufgeführt. Speziell für die
heutige deutsche Uraufführung wurde eine neue Edition der Noten in New
York bestellt und angefertigt.
Meine erste Begegnung mit Frida Kahn fand in der Pariser Wohnung von
Annette Schlumberger statt, die zu Ehren von Erich Itor Kahn ein Konzert
im Salle Cortot organisiert hatte. Im Rahmen dieses Konzertes fand die
bis heute einzige Aufführung des Divertimentos von Erich Itor Kahn
statt.
Später kaufte Frau Schlumberger in Villecroze (Haut-Var, Provence) die
gesamte Notenbibliothek des Ehepaar Kahns für ihre internationale
Musikakademie.
Nachdem ich den großen Wert dieser Notenbibliothek erkannt habe, konnte
ich Frau Schlumberger überzeugen diese Bibliothek vollständig
restaurieren zu lassen. Unter anderen Raritäten enthielt die
Notenbibliothek verschiedene wertvolle Ausgaben des Wohltemperierten
Klavier von Johann Sebastian Bach, mit und ohne musikalischer Analyse,
mit verschiedenen Varianten an Fingersätzen usw. Offenbar hatten sich
Erich Itor und Frida sehr oft und intensiv mit den 48 Präludien und
Fugen Bachs beschäftigt. Aus diesem Grund habe ich für den heutigen
Konzertabend vier Präludien und Fugen des ersten Bandes des
Wohltemperierten Klavier ausgewählt.
Im Februar 1987 besuchte Frida mein Debut-Konzert im Auditorium des
Metropolitan Museum in New York womit unsere Freundschaft ihren Anfang
nahm. Sie hat mir oft mit ihren Ratschlägen zur Seite gestanden und
hörte sich viele meiner New Yorker Konzerte an.
Bei meinen letzten zwei Konzerten wohnte ich bei Frida Kahn und konnte
täglich an ihrem Klavier üben. Bei einer dieser Gelegenheiten spielte
Frida mir eine alte Tonbandaufnahme einer Haydn-Sonate vor, die sie
gespielt hatte und ganz besonders liebte. Die Schönheit ihres reinen
Ausdrucks beeindruckte mich sehr und ist mir bis heute sehr lebendig im
Gedächtnis geblieben. Deswegen spiele ich in diesem Konzert auch die
cis-Moll Sonate von Joseph Haydn.“
Ilton Wjuniski, im August 2021