Als musikalische Gesellschaftssatire im Théâtre des Variétés in Paris 1869 uraufgeführt, war Jacques Offenbachs letzte opéra bouffe „Die Banditen“ ein Publikumserfolg, bis sie wegen des Deutsch-Französischen Kriegs vom Spielplan verschwand und dann in Vergessenheit geriet. In den 1920er Jahren wiederentdeckt, erreichte diese Operette nie die Popularität anderer Bühnenwerke von Offenbach. Das könnte sich mit der spritzigen und durchweg unterhaltsamen Inszenierung an der Oper Frankfurt ändern, meint Stefana Sabin.
Vermutlich, um eine Verwechslung mit Friedrich Schillers Stück „Die Räuber“ zu vermeiden wurde der Titel von Jacques Offenbachs letzter Operette „Les brigands“ mit „Die Banditen“ übersetzt, was allerdings insofern gerechtfertigt ist, als im französischen Original tatsächlich die sympathischen Räuber als „bandits“ bezeichnet werden.
Als die Handlung einsetzt, haben diese Banditen um Falsacappa
mehrere erfolglose Raubzüge hinter sich; bei dem letzten Überfall hat
sich Falsacappas Tochter in einen Biobauer verliebt, der sich den
Banditen anschließt. Nun entdecken die Banditen, dass eine spanische
Prinzessin den Fürsten von Mantua heiraten soll, wobei der Erlaß eines
Teils seiner Schulden als Mitgift vereinbart ist. Der Rest des Geldes
soll den Spaniern bei dem Willkommensfest übergeben werden. Die Banditen
beschließen, sich das Geld zu besorgen.
Dass ihnen das schließlich doch nicht gelingt, gibt der Handlung eine
unerwartete Wendung: der mantuanische Schatzmeister ist betrügerischer
als die Banditen! Das im Falsett vorgetragene Couplet über seinen
schwachen Charakter und die Veruntreuung des Geldes gestaltet Peter
Blonder als Schatzmeister zum komödiantischen Höhepunkt der
Inszenierung.

Tatsächlich deckt Katharina Thoma in ihrer Inszenierung alle scherzhaft-satirischen Schichten der Operette auf: die Spanier treten in karikaturhaft stolzer Positur und in übertrieben hispanisierten Kostümen auf (Kostüme: Irina Bartels); die Revolte gegen den Banditen-Hauptmann wird als kleine Anspielung auf den Brexit in englischer Sprache geplant; die Carabinieri sind ein zerstreuter und ineffektiver Haufen, eine Veralberung, die durchaus Offenbachs musikalischem Witz, den Marsch der Carabinieri hartnäckig auf dem zweiten Taktschlag zu betonen, entspricht. „Die großen Stiefel, sie trappen, sie trappen, sie trappen“ wurde zu Offenbachs Zeiten zum Schlager!
Gattungsgemäß verstecken sich in Offenbachs Operette allerlei Parodien auf die Oper. So ist das Duett des Liebespaars über die geplante Hochzeit munter lautmalerisch statt melancholisch romantisch, und so ist der junge Liebhaber denn auch kein Tenor, sondern eine Hosenrolle, von der Mezzosopranistin Kelsey Lauritano stimmlich wie schauspielerisch großartig dargestellt. Lauritano zur Seite gibt die amerikanische Sopranistin Elisabeth Reiter eine wunderbar muntere Banditen-Tochter und Jungverliebte. Die Vater-Rolle, üblicherweise mit einem Bariton oder gar Bass besetzt, wird hier von einem Tenor gesungen. Gerard Schneider gibt einen gekonnt komisch-übermütigen Banditen-Hauptmann Falsacappa. Dass die Personenliste 11 Tenöre vorsieht, ist ein weiterer Offenbachscher Operettenwitz, und dass die Oper Frankfurt diese Rollen aus dem Ensemble und dem Opernstudio besetzen konnte, ist allein schon eine Leistung.
Auch der große Chor ist eine Herausforderung jenseits einer grand opera eine Herausforderung, die Tilman Michael bravourös bewältigt. Seinerseits führt der Dirigent Karsten Januschke das klein besetzte Orchester geschmeidig durch den Abend und arbeitet sowohl die Feinheiten als auch die übertriebenen Orchestrationen heraus. Zum Gelingen des Abends trägt auch der spürbare Spaß der Mitwirkenden an ihrem Spiel bei.
Offenbachs Operette ist eine musikalische Gesellschaftssatire, in der alle veralbert werden: der Banditen-Hauptmann und seine Banditen, die spanischen Grandes und der italienische Fürst, der fürstliche Schatzmeister und nicht zuletzt die Carabinieri. Dass Offenbachs musikalische Sympathie den Banditen gilt, wird in den munteren Arien und amüsanten Szenen deutlich. Und dass Katharina Thoma dieser Sympathie nachkommt, macht ihre Inszenierung durchweg amüsant und auf hohem Niveau unterhaltsam.