Wieviele Potentaten sind, sehen wir auf Gegenwart und Geschichte, durch Raub Herrscher geworden? Ist das der Normalfall? – Das Rauben und Beherrschen, aber auch das Geben und der Treppenlift sind Gegenstände der Betrachtung in den Notaten Eldad Stobezkis, wobei Raubkunst sicher andere Ergebnisse nach sich zieht als die Kunst, die deutsche Sprache zu beherrschen.
Es liegt im Trend über Raubkunst zu
sprechen. Das Thema ist unerschöpflich. Das Humboldt Forum Berlin stellt
„Kunst als Beute: 10 Geschichten“ aus. Anhand von zehn Fallstudien wird
das komplexe Thema Raubkunst in drei verschiedenen Epochen behandelt:
In der Kolonialzeit, während der napoleonischen Eroberungen im 18.
Jahrhundert und während des nationalsozialistischen Regimes. Geplündert
wurde alles, was nicht niet- und nagelfest war. „Fazit“ – eine tägliche
Sendung im Deutschlandfunk Kultur – berichtete von dieser Ausstellung.
Die Benin-Bronzen und der Pferdekopf der Quadriga, die Napoleons
Soldaten gestohlen haben, berühren mich nur marginal. Die Bronzen wurden
schon restituiert und die Quadriga ist auch wieder vollständig. Das in
der Ausstellung gezeigte Silberbesteck aus jüdischem Besitz geht mich
an. Lily Brett beschreibt in einem Roman, wie sie den Pelzmantel ihres
Vaters und häusliche Gegenstände ihrer Eltern von den ehemaligen
polnischen Nachbarn teuer zurückkaufte. Die Polen wussten, dass
irgendwann Nachfahren kommen, und sie damit ein gutes Geschäft machen
würden. Meine Großeltern konnten 1933, bei ihrer Flucht aus Schwäbisch
Hall nach Palästina, noch den gesamten Haushalt mitnehmen. Ich denke
immer wieder daran, wie gut der Fluchtinstinkt meiner Großeltern
funktioniert hat. Das Silberbesteck benutzen wir jetzt täglich. Eine
bemalte Bibel von 1870 habe ich schon dem dortigen Fränkisch-Hällischen
Museum geschenkt. Das Museum ist bemüht, das jüdische Leben in Hohenlohe
zu dokumentieren.
Es gibt viele Beispiele für die Rückgabe von Raubkunst durch deutsche
Bürger, deren Eltern in den Besitz dieser Gegenstände gekommen sind. Das
ist gut so. Gestohlene Gegenstände können aufgespürt und restituiert
werden. Allerdings ist die Provenienzforschung in den deutschen Museen
eher schleppend und es wird immer schwieriger sein, Raubkunst an die
ehemaligen jüdischen Besitzer oder ihre Erben zurückzugeben.
Heute macht sich ein Aggressor wie Putin nicht die Mühe zu plündern. Es
wird gleich zerstört und verbrannt. Die Liste der ukrainischen
Kunstschätze, die unwiederbringlich zerstört wurden, ist
endlos.
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Wir sind mitten im Ramadan. Im Frühjahr geht die Sonne noch früh unter und die Fastenden müssen nicht bis 21 Uhr auf das Fastenbrechen warten. In den 1970er Jahren kamen Palästinenser auf Arbeitsuche in unsere Vorstadtsiedlung in Tel Aviv. Mein Vater beschäftigte einen Mann, der die Bäume schnitt und die Grünhecke stutzte. Es war ein heißer Sommer, und es war Ramadan. Er durfte kein Wasser und keine Nahrung als Wegzehrung mitnehmen. Bis er bei uns war, war er schon halb dehydriert. Mein Vater gab ihm zu essen und zu trinken, er konnte sich ausruhen und zu sich kommen. Heute klingt das wie ein Märchen.
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„Wie lange schaffe ich noch die 74 Stufen bis zu meiner Wohnung?“ Diese Gedanken beschäftigen mich. Wer will schon nach vierzig Jahren sein Zuhause verlassen? Dann setze ich mich vor den Fernseher, und es kommt die Lifta-Werbung. Opa setzt sich oben auf den Stuhl, unten wartet Oma mit den erwachsenen Kindern und Enkelkindern. Langsam rollt der Stuhl mit Opa zum Erdgeschoss. Alle freuen sich, dass Opa zu Hause bleiben kann, und Opa ist glücklich. Warum muss ich dann immer weinen?
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Eine israelische Freundin lernt Deutsch, traut sich aber noch
nicht, auf Deutsch zu schreiben. Es ist die Rede von der Beherrschung
der Sprache. Die Sprache erscheint ihr wie eine Festung, die man erobern
und eben beherrschen will. Sprache als Kampf um die Wort- und
Satzfindung. „Der Widerspenstigen Zähmung.“
Ab September bei der Edition W:
Eldad Stobezki
Rutschfeste Badematten und koschere Mangos
Gebunden, ca. 150 Seiten
ISBN: 978-3-949671-15-9